16.03.2019
1. MFL (23. Spieltag)
Stadion Boris Trajkovski, Skopje-Madžari (MKD)
Zuschauer: 400
Da im Jahr 2019 noch keine mehrtägige Auslandstour geplant war, juckte es mich Mitte Januar so langsam in den Fingern. Kurzerhand schloss ich mit Fabi kurz, sodass wir zu dem Entschluss kamen, zwei Monate später einige der noch fehlenden Länderpunkte auf dem Balkan in Angriff zu nehmen. Zusammen mit Sebi und Tobi Q., welche sich uns noch kurzfristig anschlossen, starteten wir also am späten Freitagabend vom Flughafen Köln/Bonn mit dem pinken Billigbomber gen Skopje. Nach einem eher ruhigen und entspannten Flug standen wir knapp 2 ½ Stunden später in der Landeshauptstadt des noch recht jungen Nordmazedoniens. Aufgrund des Namensstreits mit dem südlichen Nachbarn Griechenland wurde Mazedonien Mitte Februar offiziell in den noch ungewohnt klingenden Namen Nordmazedonien umbenannt. Trotz hinreichender Verspätung wartete der vom Hostel organisierte Fahrer bereits am Flughafen und brachte uns in die 20 Kilometer entfernte Innenstadt zu unserem Hostel. Für dieses buchten wir im Vorfeld zwei der drei verfügbaren Zimmer für insgesamt 96 €, was die Nacht 8 € pro Person ausmachte. Im Großen und Ganzen konnte das Hostel in Bezug auf Lage und Ausstattung bei uns punkten, sodass sich dieses als völlig ausreichend für uns herausstellte. Neben uns wurde die Unterkunft nur noch von „Jimmy“ bewohnt, welcher im weiteren Verlauf jedoch ausschließlich in unmittelbarer Nähe zu seinem PC gesichtet wurde und sonst nur durch größere Ablagerungen im Gemeinschaftsklo auffiel. Nachdem wir in unsere Zimmer eingecheckt hatten, ging es für uns nochmals vor die Tür um letzte Besorgungen für die anstehende Nacht zu tätigen. Der erste Eindruck von Skopje fiel dabei überhaupt nicht positiv aus. Auf der Suche nach einer Flasche Wasser rückte vornehmlich die im Einsatz befindliche Staatsmacht ins Blickfeld, deren Hauptaufgabe scheinbar darin bestand Alkoholleichen von der Straße aufzukehren. Gegen 4 Uhr war man schließlich zurück im Zimmer, um sich doch noch etwas Schlaf zu gönnen.
Der zweite Eindruck der 500.000-Einwohner-Stadt fiel am nächsten Tag schon wesentlich besser aus. Skopje besitzt ein interessantes und wechselhaftes Stadtbild, deren Mittelpunkt die Steinbrücke über dem Fluss Vardar darstellt. Während sich auf der einen Seite des Vardars die muslimisch geprägte Altstadt Čair samt altem Basar und Festung Kale befindet, wird das Erscheinungsbild auf der gegenüberliegenden Flussseite durch monumentale Betonbauten sowie Neubauten im klassizistischem Stil geprägt. Bei der Verwirklichung eines umstrittenen Bauprojekts im Jahre 2014 wurden in Skopje zudem unzählige Statuen und Brücken – allen voran die zwei großen Monumente von Alexander des Großen sowie seines Vaters Philipp II – errichtet, weshalb inoffiziell auch von der „Capital of Kitsch“ gesprochen wird. Nachdem wir alle Sehenswürdigkeiten der Stadt begutachtet und auf Bild festgehalten hatten, schlenderten wir noch durch das alte Marktviertel, verköstigten jeweils eine Portion Kebab mit Pommes und machten uns schließlich per Taxi auf zum Heimspiel des heimischen Erstligisten FK Vardar.
Der FK Vardar Skopje wurde 1947 gegründet und ist der erfolgreichste Fußballklub Nordmazedoniens. Zu den größten Erfolgen des Vereins zählen der 10-malige Gewinn der mazedonischen sowie der einmalige, später jedoch aberkannte Gewinn der jugoslawischen Meisterschaft. Zudem konnte Vardar fünfmal den mazedonischen bzw. einmal den jugoslawischen Pokal gewinnen und insgesamt 21 Spielzeiten im Europapokal bestreiten. Die Heimspielstätte des FK Vardar war stets das 36.000 Zuschauer fassende Nationalstadion, welches man sich mit dem FK Rabotnički sowie der mazedonischen Nationalmannschaft teilen musste. Aufgrund zu hoher Mietpreise trägt man seine Heimspiele seit kurzem allerdings in Madžari, einem Vorort von Skopje, aus. Das dortige Stadion Boris Trajkovski verfügt lediglich auf einer Seite über eine überdachte Sitzplatztribüne, welche insgesamt für nicht mehr als 3.500 Zuschauer Platz bietet. Entgegen unserer Hoffnungen sollte das heutige Stadtderby gegen den FC Shkupi demnach auch in Madžari stattfinden. Der FC Shkupi ist der Nachfolgeverein des 1927 in Čair gegründeten FK Sloga Jugomagnat Skopje. Während es sich bei Vardar-Anhängern größtenteils um christlich-orthodoxe Mazedonier handelt, besteht das Umfeld des FC Shkupi überwiegend aus muslimischen Albanern. Da mit „Komiti Skopje“ und den „Ultras Shvercerat“ beiden Vereinen zudem eine aktive Fanszene zugerechnet werden kann, herrschen bei Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften erhebliche Spannungen zwischen den Fanlagern, weshalb dieses Derby grundsätzlich als Hochsicherheitsspiel eingestuft wird. Neben der herben Enttäuschung bezüglich des Stadionwechsels, bestätigte sich demnach auch unsere zweite Befürchtung: aufgrund der unzureichenden Fantrennung im Stadion Boris Trajkovski wurde dem Spiel ein Gästefanverbot erteilt. Dennoch begaben wir uns in Anbetracht des hohen Andrangs frühzeitig ans Stadion und besorgten uns Tickets für jeweils 100 MKD, umgerechnet ca. 1,60 €. Schließlich fanden nur enttäuschende 400 Zuschauer den Weg auf die Haupttribüne des Stadion Boris Trajkovski. Da wir im Vorfeld Berichte von ausverkauften Derbys der beiden Vereine gelesen hatten, hatten wir grundsätzlich schon eine wesentlich höhere Zuschauerzahl erwartet. Immerhin enterten die Ultras um „Komiti Skopje“ einige Minuten vor Spielbeginn mit ca. 200 Motivierten den Block, sodass man doch noch mit etwas Derbystimmung rechnen konnte. Während sich Sebi, Tobi Q. und ich auf der Tribüne breitmachten und den Stimmungsblock so nur von der Seite beobachten konnten, schlich sich Fabi zumindest für eine Halbzeit in den Innenraum, um sich ein detaillierteres Bild von der Fanszene machen zu können. So zeigten diese unter anderem eine ACAB-Choreo, während der einige Bengalos gezündet wurden, ein Spruchband und eine weitere Choreo aus Folienbahnen. Auf dem Feld sah man währenddessen ein Spiel mit überraschend gutem Spielniveau. Die Heimelf war dabei leicht überlegen, wodurch diese durch einen Elfmetertreffer in der 20. Minute in Führung ging und schließlich mit 1:0 gewinnen konnte.
Nach dem Spiel ging es für uns zurück in die Innenstadt. Dort zog es uns zuerst in die Hausbrauerei „Pivnica Temov“, in der sämtliche Biere der Karte probiert wurden. Im Anschluss daran ging es noch in den Irish Pub, bevor wir uns gegen 1 Uhr zurück in unsere Unterkunft begaben.