17.03.2019
Superliga e Kosovës (23. Spieltag)
Stadiumi i Qytetit të Gjilanit, Gjilan (KVX)
Zuschauer: 400
Da wir für den Sonntag einen weiteren Länderpunkt geplant hatten, hieß es deshalb am Morgen nicht allzu viel Zeit zu vertrödeln. Denn um kurz nach 10 wartete am Busbahnhof bereits der Kleinbus auf uns, welcher uns über die Grenze in den Kosovo bringen sollte. Den 300 MKD teuren Fahrschein hatten wir uns bereits am Vortag besorgt, sodass wir uns vor Ort nur noch in die letzte Reihe des überfüllten Reisebusses quetschen mussten. Ziemlich eingepfercht führte uns der Bus mit Endstation Pristina am Rande des Šar Planina-Gebirges vorbei, wodurch man die landschaftliche Schönheit des Kosovos bewundern konnte. Interessanterweise schlängelt sich ab der mazedonisch-kosovarischen Grenze eine neu erbaute Autobahn den Weg durch das Tal, deren Aufgabe darin besteht, später die beiden Hauptstädte Skopje und Pristina miteinander zu verbinden. Eine Auf- bzw. Ausfahrt wurde auf der schier endlos erscheinenden Autobahnbrücke jedoch nicht entdeckt, sodass die Eröffnung dieser wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Während sich ein Großteil der Passagiere auf dem Weg in die kosovarische Hauptstadt befand, verabschiedeten wir uns auf halber Strecke und verließen den Bus in Ferizaj bzw. in Uroševac, wie die Stadt auf serbisch heißt. Von dort ging es mit einem Sammeltaxi direkt weiter in die 30 Kilometer entfernte Stadt Gjilan. Obwohl mit dem Taxifahrer zunächst eine Gebühr von 8 € ausgehandelt wurde, verlangte dieser am Ende einen Preis von 11 €. Da dies im Vergleich zu deutschen Taxipreisen jedoch immer noch geschenkt ist und wir keine große Lust auf eine Konfrontation mit dem Fahrer hatten, bezahlten wir diesen Betrag ohne Beanstandung und machten gleich einen Treffpunkt für die spätere Rückfahrt aus. Die 50.000-Einwohner-Stadt Gjilan ist die drittgrößte Stadt des Landes und hat kulturell nicht unbedingt viel zu bieten. Deshalb begaben wir uns im Zentrum in eine Bar, gönnten uns dort ein Birra Peja und machten uns schließlich auf ans örtliche Stadion. Gjilan ist die Heimat der beiden Erstligisten FC Drita sowie SC Gjilani, deren Aufeinandertreffen als Kosovo-Derby bezeichnet wird und somit als eines der größten Spiele des Landes gilt. Während das örtliche Stadion von den FC Drita-Ultras „Intelektualët“ als Stadiumi Selami Osmani bezeichnet wird, trägt das Stadion bei Spielen des SC Gjilani den Namen Stadiumi Agim Ramadani-Katana. Am heutigen Tag bekamen wir die Möglichkeit einem Heimspiel des SC Gjilani beizuwohnen. Für 2 € erhielten wir am Eingang eine Eintrittskarte des zuletzt ausgespielten Derbys und somit Zutritt zum Ground. Dieser ist genauso, wie man sich ein Stadion im Kosovo normalerweise vorstellt. So verfügt das Stadion beidseitig über typisch abgeranzte Stehtraversen, zudem befindet sich hinter beiden Hintertorseiten jeweils eine stillgelegte Baustelle, aus der einst weitere Tribünen entstehen sollten. Dabei blieb die Frage unbeantwortet, ob der Bau der beiden Hintertortribünen irgendwann begonnen und niemals fertiggestellt wurde oder ob dieser bereits zu den bekannt gewordenen Plänen eines Stadionneubaus gehört. Zusammen mit jeweils einer Flasche Peja und dem überwiegenden Teil der 400 anwesenden Zuschauer nahmen wir auf der Gegengerade Platz, auf der sich auch die aktive Fanszene um die Ultras „Skifterat“ sammelte. Diese bildete einen ca. 50-köpfigen supportwilligen Mob, welcher mit Hilfe einer Trommel gelegentlich für etwas Stimmung sorgte. Das Spiel gegen den bisher sieglosen und letztplatzierten KF KEK, der Betriebsmannschaft des nationalen Energieversorgers, plätscherte währenddessen ohne nennenswerte Torchancen vor sich hin, sodass es torlos in die Pause ging. In der Pause besorgten wir uns erneut eine Ladung Bier und wechselten auf die andere Seite, um das Spektakel auch von dort mal beobachtet zu haben. Das Beste daran blieb jedoch der Blick auf die Gegengerade inklusive Moschee im Hintergrund, denn der Support der Heimfans verflachte so langsam und auch das Spiel machte keinerlei Anzeichen auf Besserung. Insgesamt sah man ein Spiel mit unterirdischem Spielniveau, welches absolut nicht mit dem Spielniveau des Spiels am Vortag zu vergleichen war. Als man sich kurz vor Schluss gezwungenermaßen mit einem torlosen Unentschieden angefreundet hatte, fiel in der Nachspielzeit schließlich doch noch der Führungstreffer für die Heimelf. Kurz darauf schob der SC Gjilani sogar noch ein zweites Mal ein und konnte somit den Sack zumachen. Wenn da mal nicht die Wettmafia ihre Finger im Spiel hatte! Pünktlich mit dem Schlusspfiff fuhr auch unser vorbestelltes Taxi am Stadion vor, um uns bei der ersten Etappe der Rückfahrt behilflich zu sein. Für weitere 11 € sollte uns dieses zurück nach Ferizaj bringen, damit von dort die Weiterfahrt per Bus gewährleistet war. Auf dieser fast einstündigen Fahrt hatte ich nun das Glück vorne neben dem Fahrer zu sitzen und mir dessen geistreiche Ergüsse in einer Mischung aus deutsch, englisch und albanisch reinziehen zu dürfen. Umso erleichterter war ich als wir Ferizaj endlich erreicht hatten. Beim anschließenden Versuch die Tickets für den Bus zu lösen, quatschte uns plötzlich eine weitere kuriose Gestalt an, in der Hoffnung uns nach Skopje fahren zu können. Da der verlangte Preis von 20 € die Ticketpreise des Busunternehmens nicht überschritt, schlugen wir bei diesem Angebot zu. Nach einer eher unfreiwilligen Wartezeit im Taxi sowie einem kurzen Abstecher ins Zigeunerviertel startete unser Transit schließlich mit zwei weiteren Mitfahrern gen Skopje. Dort angekommen ging es für uns abermals ins Marktviertel, um uns einen Teller Fleisch zu genehmigen und den Abend in gewohnter Manier ausklingen zu lassen.
Am folgenden Montag hieß es ein letztes Mal die Stadt zu erkunden, bevor es am Abend zurück in die Heimat gehen sollte. So wurde mit der Besichtigung der Festung Kale noch ein kulturelles Aushängeschild der Stadt abgeklappert. Die Festung an sich wurde von außen rekonstruiert, sodass es sich anbietet die Festungsmauer einmal auf- und abzulaufen. Dabei konnte vor allem die atemberaubende Aussicht auf die Hauptstadt, das Nationalstadion und die schneebedeckten Berge am Horizont überzeugen. Im Anschluss zog es uns nochmals in die Altstadt, um auch die Pflege zwischenmenschlicher Kontakte nicht zu vernachlässigen. Neben der Beinahe-Adoption eines Bettelkindes bekam demnach auch unser Freund „Coco“ noch einen Obolus, wodurch wir eventuell noch länger positiv in Erinnerung bleiben werden. Alles in allem kann man von einem erfolgreichen Ausflug sprechen, welcher uns zwei neue Länderpunkte einbrachte und in dieser Konstellation gerne wiederholt werden darf.