11.09.2020
Wiener Stadtliga (4. Spieltag)
Naturarena Hohe Warte, Wien (AUT)
Zuschauer: 950

Eigent­lich hätte an dieser Stelle nun über eine Tour durchs Bal­ti­kum mit vier neuen Län­der­punk­ten be­rich­tet werden sollen. Unser guter Freund Corona wusste jedoch wieder ge­konnt einen Strich durch die Rech­nung zu machen. So wurden wenige Tage vor Tour­start die Ein­rei­se­be­stim­mun­gen für einen Groß­teil der zu be­rei­sen­den Län­der ge­än­dert, wo­durch eine qua­ran­tä­ne­freie Ein­reise schließ­lich un­mög­lich wurde. Der be­reits ge­buchte Rück­flug über Wien schien aller­dings nach Plan durch­ge­führt zu werden, wes­halb sich bei mir erste Ge­dan­ken­spiele über ein ver­län­ger­tes Wochen­ende im Drei­län­der­eck Öster­reich-Slo­wa­kei-Ungarn ein­schli­chen. Da aller­dings auch Ungarn für Aus­län­der die Gren­zen dicht­machte und der Trend in der Slo­wa­kei in die­selbe Rich­tung deu­tete, blieb am Ende le­dig­lich die Al­ter­na­tive Öster­reich.
Den­noch wurde kur­zer­hand ein recht er­schwing­li­cher Flug in die Bun­des­haupt­stadt Wien ge­bucht. Dort sollte über die nächs­ten Tage ein wah­res Fest für jeden Ama­teur­fuß­ball-Lieb­ha­ber ab­ge­lie­fert werden. Kaum war man am Flug­ha­fen in Schwechat ge­lan­det und hatte das Gepäck im Hotel­zim­mer ver­staut, sollte es näm­lich schon zum ersten Spiel des Wochen­en­des gehen. Zur Aus­wahl stan­den das Heim­spiel des First Vienna FC sowie die Zweit­liga-Partie zwi­schen dem Florids­dorfer AC und dem SV Lafnitz. Da musste ich wirk­lich nicht lange über­le­gen, denn ein Besuch bei der Vienna stand doch schon seit Län­ge­rem auf meiner Wunsch­liste. Der 1864 ge­grün­dete First Vienna FC ist der älteste Fuß­ball­ver­ein des Landes und ein­fach ein ab­so­lu­ter Kult­klub. So konnte die Vienna bis in 50er Jahre sechs­mal öster­rei­chi­scher Meis­ter werden und neben dem drei­fa­chen öster­rei­chi­schen Cup­sieg sogar ein­mal den DFB-Pokal ge­win­nen. In­zwi­schen geht der Verein nur noch in der viert­klas­si­gen Wiener Stadt­liga an den Start, doch auch hier ge­nie­ßen die Blau-Gelben noch höchs­tes An­se­hen. Am Döblinger Sta­dion Hohe Warte an­ge­kom­men, er­war­tete mich gleich der erste Dämp­fer der Tour. Gegen meine Er­war­tun­gen sollten heute keine Tickets an der Tages­kasse ver­kauft werden. Nach dem ersten Schreck zeich­nete sich aller­dings schnell ab, dass ein di­gi­ta­les Ticket per Online-Kauf er­wor­ben werden konnte. Zwar kann ich nun keine schmu­cke Ein­tritts­karte mein Eigen nen­nen, aber man kann ja nicht alles haben. Der Ein­tritts­preis der heu­ti­gen Par­tie lag üb­ri­gens bei 8 €. Das Sta­dion Hohe Warte konnte einst ein Fas­sungs­ver­mö­gen von 85.000 Zu­schau­ern auf­wei­sen, wel­ches je­doch mitt­ler­weile auf eine Zu­schau­er­ka­pa­zi­tät von le­digl­ich 6.000 be­schränkt wurde. Das Herz­stück des Sta­di­ons ist na­tür­lich die über­dachte, mit dem Schrift­zug „First Vienna Foot­ball Club 1894 – Hohe Warte – Kein Platz für Dis­kri­mi­nie­rung“ ver­zier­te Haupt­tri­büne. Des Wei­te­ren ver­fügt die Hohe Warte auf der Ge­gen­seite über eine mo­der­ne Stahl­rohr­tri­büne sowie einen be­acht­li­chen, voll­stän­dig mit Gras über­wach­se­nen Stu­fen­aus­bau. Wie sich an­hand des Schrift­zu­ges er­ah­nen lässt, kann die Vienna zu­dem von einer recht gro­ßen, eher links­ge­rich­te­ten Fan­basis pro­fi­tie­ren. So zeigte der ultra­ori­en­tierte Kern der Fan­szene auch heute eine fürs Auge nett an­zu­schau­ende Cho­reo­gra­phie zu Beginn des Spiels. In dieser sollte ihre Liebe zur Vienna sowie die si­mul­tane Ab­nei­gung ge­gen­über Sexis­mus the­ma­ti­siert werden. Dazu wurde die Dar­stel­lung zweier händ­chen­hal­ten­der Mäd­chen mit blauem und gel­bem Rauch un­ter­legt. Auch im wei­te­ren Ver­lauf wusste der Stim­mungs­kern ein gutes Bild ab­zu­ge­ben und die Mann­schaft durch­ge­hend in bri­tisch ge­präg­tem Stil zu un­ter­stüt­zen. Das Spiel­ge­sche­hen auf dem Platz ge­stal­tete sich indes nicht ganz so span­nend, aller­dings bekam man auch dort eini­ges zu sehen. Der First Vienna FC ließ den Gäs­ten aus Hüttel­dorf nicht den Hauch einer Chance und fer­tigte diese ab­so­lut sou­ve­rän mit 10:0 ab. His­to­risch ge­se­hen sollte dies für die Vienna sogar der erste zwei­stel­lige Sieg in einem Punkt­spiel seit 1996 sein. Nach Spiel­ende nahm ich gleich die erst­beste Bahn in Rich­tung City, um den Abend ge­müt­lich im Hotel aus­klin­gen zu lassen.