02.09.2018
Premjer-Liha (7. Spieltag)
NSK Olimpijs’kyj, Kyjiw (UKR)
Zuschauer: 10.700
Am nächsten Tag hieß es zunächst das übliche Touri-Programm in Form von Sightseeing abzuklappern. Dafür begaben wir uns erneut an den Majdan, von wo aus wir eine flüchtig recherchierte Route abliefen. Diese sollte uns an einigen der vielen schönen Kiewer Kirchen vorbeiführen. Zunächst waren das St. Michaelskloster und die als UNESCO-Weltkulturerbe eingestufte Sophienkathedrale an der Reihe. Die beiden Kirchen ähneln sich im Aufbau und wirken aufgrund der goldenen Kuppeln sehr prunkvoll. Gegen Zahlung eines Entgelts besichtigten wir sogar das Innere der Sophienkathedrale und bestiegen den dazugehörigen Glockenturm. Als nächstes ging es ans Goldene Tor, dem historischen Stadttor Kiews, und anschließend an die Wladimirkathedrale. Wenn man schon in Kiew ist, schadet es sicher nicht die beiden Gebäude mal gesehen zu haben, im Vergleich mit den restlichen Sehenswürdigkeiten erschienen uns diese aber eher als unspektakulär. Zum Abschluss unserer kleinen Erkundungstour ging es mit der Metro ins Künstlerviertel von Kiew. Dort bestiegen wir den überlaufenen Andreassteig, an dessen Ende sich auf einer Erhöhung die St.-Andreas-Kirche befindet. Diese ist wesentlich kleiner als die zuvor besuchten Kirchen, gefiel mir wegen ihrer außergewöhnlich bläulichen Farbe und der liebevoll verzierten Kuppeln allerdings besser als die anderen. Im Großen und Ganzen zeigte sich uns Kiew als lebensfrohe Stadt, in der es einiges zu sehen gibt. Das man sich in ein paar Tagen kein vollständiges Bild über eine Millionenstadt wie Kiew machen kann, ist allerdings auch klar.
Auf der anschließenden Suche nach etwas Essbarem entdeckten wir plötzlich eine aus vergangenen Touren im Gedächtnis gebliebene Lokalität: Happy Grill. Da mussten wir nicht zweimal überlegen! Ganz nach unserem Geschmack konnten wir dort unser Verlangen nach Fleisch stillen und uns gleichzeitig an der Freizügigkeit der mehrheitlich weiblichen Bedienungen ergötzen.
Nach der ausgiebigen Stärkung machten wir uns schließlich auf den Weg zum anstehenden Fußballspiel. Dabei hatten wir gleich zwei Spiele zur Auswahl. Zum einen das Heimspiel von Arsenal Kiew und zum anderen das Heimspiel von Dynamo Kiew, welche zu unserem Unbehagen leider zeitgleich stattfanden. Aufgrund des größeren Namens und des vermuteten höheren Zuschaueraufkommens entschieden wir uns für das Spiel von Dynamo Kiew im Olympiastadion. Dynamo Kiew ist der erfolgreichste Fußballklub der Ukraine und hat eine von Erfolgen geprägte Vereinshistorie vorzuweisen. Schon zu Zeiten der Sowjetunion war Dynamo mit insgesamt 15 Meistertiteln sowjetischer Rekordmeister. Zudem konnte man 9-mal den sowjetischen Pokalwettbewerb gewinnen und mit dem zweifachen Titelgewinn des Europapokals der Pokalsieger sogar international für Furore sorgen. Aber auch nach der ukrainischen Unabhängigkeit war man in Sachen Fußball weiterhin das Maß der Dinge, was insgesamt mit 11 Pokal- und 15 Meistertiteln belohnt wurde. Erst zur Jahrtausendwende schaffte Shakhtar Donetsk es sportlich mit dem Hauptstadtklub aufzunehmen, wodurch Dynamo Kiew das Alleinstellungsmerkmal verlor und seitdem ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Vorherrschaft im ukrainischen Fußball bestritten wird. Für 450 UAH gönnten wir uns Tickets für die Haupttribüne und erhielten Zutritt zum Ground. Das Olympiastadion ist eine moderne, vollständig mit Sitzplätzen ausgestattete, doppelstöckige Schüssel, die über 70.000 Zuschauern Platz bietet. Obwohl seit dem Umbau für die EM 2012 eine Dachkonstruktion das Stadion ziert und die massiven Ostblock-Flutlichtmasten dieser leider weichen mussten, weiß es dennoch durch seine Charakteristik und die immer noch vorhandene Ähnlichkeit mit dem „Vorgänger“ zu gefallen. Von der Haupttribüne aus konnten wir sowohl dem Geschehen auf dem Rasen als auch auf den Rängen ideal folgen. Auf Heimseite wurde sich in der Kurve kompakt hinter einer großen „Ultras Dynamo“-Zaunfahne positioniert. Knapp 500 Supportwillige gaben ihr Bestes und konnten besonders durch brachiale Schlachtrufe und die hohe Anzahl an Klatscheinlagen auf sich aufmerksam machen. In der Kurve auf der gegenüberliegenden Seite sammelte sich zudem ein weiterer kleiner Heimmob, welcher zwar ebenfalls einige Zaunfahnen am Start hatte, sonst aber nicht weiter auffiel. Aus Lemberg fanden ca. 100 Ultras den 500 Kilometer langen Weg in die Hauptstadt. Ähnlich wie im Heimblock begrenzte sich das Repertoire der Banderstadt-Ultras größtenteils auf die im Osten üblichen Schlachtrufe und Klatscheinlagen. Die Banderstadt-Ultras sind nach Stepan Bandera, einem aus Lemberg stammenden nationalistischen Widerstandskämpfer aus dem zweiten Weltkrieg, benannt und sind demnach dem rechtsradikalen Lager zuzuordnen. Nicht zuletzt wegen ihrer offen rechtsradikalen Haltung verbindet die Ultras Dynamo und die Banderstadt-Ultras eine innige Fanfreundschaft, sodass heute auch der ein oder andere Wechselgesang der beiden Fanlager im Stadion ertönte. Anders als auf den Rängen wurde Dynamo Kiew seiner Favoritenrolle auf dem Rasen nicht gerecht. Etwas überraschend schaffte es Karpaty Lviv die Partie mit 2:0 für sich zu entscheiden, woran auch ein Platzverweis in der 55. Spielminute nichts mehr ändern konnte. Da der nächste Tag lang werden sollte und wir genötigt waren morgens früh aufzustehen, begaben wir uns nach Spielende relativ zügig und ohne ausufernde Trinkgelage zurück in unser Hostel.